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Lieber Suchen statt Finden

  • Autorenbild: Windgedanken
    Windgedanken
  • 30. Juli
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 31. Aug.

Ich habe das Spiel durchgespielt. Ich habe geliebt, ich habe riskiert, geweint und verloren. Mehrfach. Ich bin zerbrochen und habe mich wieder zusammengesetzt. Ich habe an mir gearbeitet, wurde kalt, dann wieder warm. Ist es das wert?

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Vielleicht liegt es nicht an mir. Oder an uns. Ist es unsere Generation? Vielleicht haben wir keine Angst vor dem Commitment, davor sich einzulassen. Vielleicht stimmt es nicht, dass wir uns nicht festlegen wollen und jede Freiheit festhalten wollen. Vielleicht haben wir einfach nur verlernt zu lieben und geliebt zu werden. Vielleicht ging jeder von uns in der Einsamkeit verloren, die so selbstverständlich ein Teil unseres Alltags geworden ist. Wenn das Dazugehören etwas ganz Anderes bedeutet als sich zugehörig zu fühlen. Wenn Liebe ein Status ist, kein Gefühl.


„Ich bin in einer Beziehung“, ich war stolz auf diesen Satz. Dachte, ich hätte das Happy End gefunden, so wie Hollywood es erzählt. Aber wie kann das Liebe sein, wenn ich so viele Tränen weine? Wie kann es Liebe sein, wenn wir lieber gehen als kompromissbereit zu sein? Wie kann es Liebe sein, wenn es sich immer nur kompliziert anfühlt? Ist Liebe nicht das große Ganze? Ist es nicht das, was uns alle zusammenhält? Stattdessen trennt sie uns, macht uns zu Menschen, die andere fallenlassen, sie ignorieren, ihren Respekt vor so vielen verlieren.


Wir suchen Sicherheit, aber haben Angst davor, sie zu geben. Bloß nicht „zu schnell zu viel“ sein, nur nicht anstrengend oder unentspannt. Es reicht schon, wenn ich ich selbst sein kann. Aber bist du wirklich du selbst? Wir verwechseln Schmetterlinge mit Liebe, glauben, dass Unsicherheit dazugehört, halten aus, dass unsere Grenzen missachtet werden, viel zu lange, verlieren uns in der Umarmung, obwohl wir wissen, dass er sich drei Tage lang nicht melden wird. Was sind schon drei Tage unsicheres Hoffen für zwei Stunden Nähe.


Ich sehe mich selbst in diesem Chaos. Fühle mich nur mit mir, bei mir wirklich sicher. Ich rechne schon mit der Enttäuschung, sehe sie als Teil des Spiels. Ich nehme es ihnen nicht mal mehr übel, wenn sie mir nicht mehr schreiben, vergesse, wie vielen ich nicht mehr geschrieben habe. Ein erstes Date beinahe ein lästiger Termin, weil ich sowieso nicht daran glaube, dass es irgendwohin führt. Mich bewegt, mich wirklich erreicht. Denn das ist es, wonach ich eigentlich suche. Echte Begegnung. Sehen und gesehen werden, sich wahrhaft auszutauschen, sich zu öffnen und inspiriert zu sein. Begeisterung zu teilen und den Funken des anderen zwischen den Zeilen zu lesen.


Das dicke Fell fühlt sich gut an. Ein Korb nur einer von vielen. Wirklicher Einsatz sowieso nur rar gesät. Ich deinstalliere die Apps, deaktiviere mein Profil. Es geht mir besser allein. Ich habe kein Interesse an diesem Spiel. Und doch ist es ein Sog. Ich stolpere zurück. Das ständige Abwägen, die Unsicherheit, der Tanz entlang des Abgrunds, denn früher oder später wird einer mehr fühlen. Wenn das Lockere plötzlich nicht mehr locker ist. Früher oder später wird da das Missverständnis sein, der eine will mehr, der andere weniger. Nur ein weiterer Mensch auf der Liste, eine weitere Person, die geht. Es fühlt sich kaum wie ein Verlust an, so gewohnt ist das Gefühl. Das dicke Fell fühlt sich gut an. Sicher auf seine eigentümliche Art.


Aber dann erinnere ich mich an die Zeilen, die ich vor zwei Monaten aufgeschrieben habe. An das Versprechen, das ich mir selbst gegeben habe. Dass ich mich niemals wieder verschließen werde. Dass ich niemals wieder für eine andere Person das Gefühl in mir wegsperren werde, die Offenheit mit meinen Emotionen, die Verletzlichkeit. Ich will kein dickes Fell. Ich will mich nicht verändern, nur weil es wehtun kann. Ich will nicht aufhören damit, dass mich Menschen verletzen können, denn das bedeutet, dass sie mir wichtig sind. Das Datingleben ist ein Minenfeld. Und gleichzeitig ist jede Verletzung eine kleine Bestätigung, dass ich Nähe immer noch zulassen kann. Wie sollen wir Liebe finden, wenn uns die Nähe verloren geht?

 
 
 

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