Single = gescheitert?
- Windgedanken

- 2. Juli
- 4 Min. Lesezeit
Können wir einmal darüber reden, wann genau der Moment ist, in dem wir lernen, dass eine romantische Beziehung das Ziel ist im Leben?

Vielleicht bin ich auch die Einzige, die sich plötzlich in einer Übergangsphase wiederfindet, weil sie gerade nicht in einer Beziehung ist. Ich bin Single, nicht gescheitert. Ich habe mich von ihm getrennt, weil er mir nicht guttat, nicht weil ich eine Versagerin bin. Aber eine kleine Stimme treibt mich dazu an, wieder zu daten. Mich gleich wieder auf die Suche zu machen nach jemandem, der mich was...vollständiger macht? Obwohl ich wirklich weiß, dass das Bullshit ist, dass ich niemanden brauche, um ganz zu sein. Aber ich glaube es mir nicht zu 100%. Nicht dass ich jetzt erstmal ein paar Jahre allein bin. (meine Oma hat mir ungelogen nach meiner ersten Trennung gesagt, dass sie richtig Angst hat, dass ich nie wieder jemanden finde)
Ich war mir immer sicher, dass Beziehung, Heirat, Familie - das Klischee also - nicht unbedingt mein Ziel ist. Ich konnte mir eigentlich immer gut vorstellen, auch allein zu bleiben oder ohne Kinder einfach nur mit Partner oder mit einem großen Garten und Tieren zufrieden zu sein. Ich wollte offen bleiben für all die Möglichkeiten, die das Leben bietet. Irgendwann in den letzten Jahren habe ich aber gemerkt, dass der Wunsch danach, einfach verheiratet zu sein, so groß wurde, dass ich kurz vergessen hatte, zu checken, ob ich eigentlich mit dem Partner zusammen bin, mit dem ich mir das auch wirklich vorstellen kann. Als ich kurz hingeschaut habe, war klar, nope, das ist er nicht.
Aber wie wild! Ich war so enttäuscht, als es vorbei war. Nicht etwa aufgrund der Trennung und weil ich gerade eine Bezugsperson verloren hatte, da habe ich aber mal ganz schnell einen Haken dahinter gesetzt, sondern weil ich die Luftschlösser aufgeben musste, die ich mir gebaut hatte. Ein komplett idealisiertes Bild von meiner Zukunft, in der ich btw niemals glücklich geworden wäre, weil er einfach nicht mein Mensch war. Und ich habe es super lang nicht gecheckt, weil ich so geblendet war von dem unbedingten Wunsch, irgendwo „anzukommen“.
Und das, obwohl ich weiß, dass es mir bisher immer besser ging, wenn ich in keiner Beziehung war. Realtalk. Das heißt nicht, dass es mir immer gut ging, ich mir nicht regelmäßig jemanden zum Kuscheln gewünscht habe oder dass ich es nicht genossen habe, mit meinem Partner in den Urlaub zu fahren. Das heißt, dass es mir in meinen bisherigen 10-jährigen Beziehungserfahrungen jedes Mal in dem Moment besser ging, in dem die Beziehung wieder vorbei war. In einer Beziehung selbst bin ich noch nie „angekommen“. Das ist dieses idealisierte Bild von Beziehungen, dass alles super ist, wenn du es nur erstmal bis dorthin geschafft hast. Der Cut am Ende des Films, wenn sie sich endlich küssen. Die letzte Seite des Buches, auf der er ihr endlich sagt, dass er sie liebt. Das ist immer nur der Anfang. Auch wenn ich gerade ein wirklich hervorragendes Buch über den Mittelteil einer Ehe lese, in der überhaupt nichts mehr gut läuft.
Es liegt nicht daran, dass ich bisher noch nicht „den Richtigen“ gefunden habe. Das liegt daran, dass ich mir genau die Menschen gesucht habe, die meine Bedürfnisse ignorieren und emotional unavailable idiots sind. Ohne hier jetzt vorwurfsvoll sein zu wollen. Das ist ein Muster, das ich habe und das ich auch nicht einfach über Bord werfen kann. Selbst wenn ich versuche darauf zu achten, finde ich letztendlich die Typen gut, die abgeklärt und unterkühlt sind und letztendlich nicht offen für eine Beziehung sind. Die Vermeidungstypen. Diejenigen, die abhauen, wenn es zu ernst wird, aber wieder da sind, wenn du gehen willst. Kindheitserfahrungen und so weiter, wir kennen das alle. Das bedeutet für mich aber auch ganz klar, dass ich dieses Muster erst einmal auflösen muss, bevor ich überhaupt jemanden finden kann, bei dem ich tatsächlich „ankommen“ kann. Sonst renne ich ja ständig in den gleichen Schleifen weiter und bin am Ende jedes Mal froh, wenn es wieder vorbei ist. Ich möchte die Zeit genießen, nicht um Zeit kämpfen.
Also wie kann es sein, dass eine Beziehung das Ziel ist, und nicht, die Fähigkeiten zu entwickeln und sich selbst so weiterzuentwickeln, dass diese destruktiven Muster erstmal heilen dürfen? Warum ist es nicht das Ziel, erstmal mit mir im Reinen zu sein und zu lernen, mich mit Menschen zu umgeben, die mir gut tun? Erstmal ganz unabhängig von Beziehungen. Und warum ist es nicht das Ziel, Beziehungen nicht mehr auf dieses Podest zu heben, sondern sie erstmal wie eine Freundschaft zu betrachten? Genieße ich die Zeit? Fühle ich mich danach besser? Möchte ich die Person wiedersehen? Kann ich bei den Ansichten und Meinungen der anderen Person mitgehen? Komme ich mit ihrem Kommunikationsstil klar? Natürlich braucht eine romantische Beziehung noch mehr Ebenen als eine Freundschaft. Aber ich merke, dass ich viel zu schnell auf den anderen Ebenen war, bevor ich mich gefragt habe, ob die Zeit mit der anderen Person überhaupt positiv für mich war. Weil ich zu sehr danach gesucht habe, meinen Beziehungsstatus wieder auf "vergeben" zu setzen, anstatt tatsächlich einen Partner finden zu wollen.



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