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Spiritualität

  • Autorenbild: Windgedanken
    Windgedanken
  • 4. Jan.
  • 4 Min. Lesezeit

Der Glaube an etwas bedeutet für mich, den Druck des Lebens ein bisschen leichter zu machen. Indem ich daran glaube, dass ich auf dem für mich bestimmten Weg gehe und gar nicht anders kann, als ihm zu folgen, nehme ich mir die Last von den Schultern, den für mich richtigen Weg erst finden zu müssen.

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Menschen kommen und gehen. Das macht mir Angst. Und in dieser Angst hilft es mir, mich an das Bild von dem Weg zu erinnern, der nur für mich bestimmt ist. Es ist schön, wenn ich mit anderen zusammen in die gleiche Richtung gehen kann, aber es ist ebenso in Ordnung, wenn ich abbiege. Manche von ihnen begleiten mich für eine lange Zeit, andere verschwinden rasch wieder aus meinem Leben. Die ständige Veränderung anzunehmen, kann erleichternd wirken. Das Vertrauen in irgendeine leitende Macht zu setzen, sei es die aus Star Wars, ein Gott oder das Universum, nimmt mir das Grübeln ab, wenn ich vor einer schwierigen Entscheidung stehe. Ich werde die richtige Entscheidung treffen, sei es die richtige, bei der ich bleibe, sei es die richtige, aus der ich lerne, oder die richtige, die mich zur eigentlich richtigen weiterleitet. Schwierigkeiten, Enttäuschungen und Schmerz sind Teil der Erfahrung, Teil des Lebens. Und auch sie gehören zu meinem Weg. Ich weiß nicht, wo ich letztendlich am Ende herauskommen werde und doch habe ich die Überzeugung, dass alles irgendwie Sinn ergibt. Auch wenn sich Dinge in Momenten sinnlos anfühlen.


Meine Überzeugung ist sicherlich auch zum Teil deterministisch geprägt. Indem ich annehme, zwangsläufig den für mich bestimmten Weg zu gehen, gehe ich auch davon aus, dass jedes Ereignis zwingend dem vorherigen folgt. Das stellt das Konzept des freien Willens infrage, das hier im Konflikt mit dem Wunsch nach weniger Verantwortung steht. Indem ich davon ausgehe, dass ich dem richtigen Weg folge, lade ich etwas von der Verantwortung, unbedingt eine richtige Entscheidung treffen zu müssen, ab, auf Kosten meines freien Willens. Hier bekommt meine Perspektive einen Logikfehler, weil ich durchaus an den freien Willen glaube. Ich glaube an die Möglichkeit der Veränderung, an persönliches Wachstum und die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen. Ich glaube auch daran, dass ich aus jedem Tal wieder herauskommen kann, sei es noch so tief, und dass jede Tiefe des Tals Teil meines Weges ist, von dem ich nicht abkommen kann. Ergibt das Sinn? Bestimmt nicht im Detail.


Diese Grundüberzeugungen geben mir Halt und allein deshalb finde ich es völlig in Ordnung, kein in sich logisches Konzept des Lebenssinns zu haben. Denn genau darauf laufen solche Überlegungen hinaus. Menschen haben ein Bedürfnis danach, ihrem Leben Sinn zu verleihen. Glaube und Religion können eine Option sein, dieses Bedürfnis zu stillen. Ebenso wie meine Überzeugung, dass ich mich auf dem "richtigen", also den eigens für mich angelegten Weg befinde, meinem Leben Sinn verleiht. Neben anderen Dingen, die sich sinnvoll anfühlen, wie beispielsweise Produktivität, das Schreiben oder die Schönheit der Natur.


Das Leben ist ein einziger Wandel. Jede Begegnung hinterlässt Spuren, die niemals ganz verblassen werden. Sie begleiten uns, formen uns, prägen uns. Sie können hell oder dunkel sein, doch jede von ihnen hat etwas, das wir mitnehmen können. Ich bin schon vielen Menschen begegnet, die heute kein Teil mehr meines Alltags sind. Sie hinterließen ihre Spuren und sind nun in andere Richtungen weitergezogen. Das ist okay, weil auch ich in meine eigene Richtung weitergegangen bin. Wir können uns synchronisieren und in ähnliche Richtungen streben, doch niemand wird genau den gleichen Pfad wie wir nehmen. Nur wir selbst können den Weg wählen, der uns dorthin führt, wohin wir gehören. Ein Teil von uns weiß das längst. Wir können ihm folgen, dürfen ihm vertrauen. Wem genau? Das weiß ich nicht.


Vielleicht wären wir nie hierhergekommen, wo wir jetzt stehen, wenn wir nicht zuvor einen anderen Pfad eingeschlagen hätten, als dieser Mensch, von dem wir dachten, dass er länger bei uns bleiben würde. Vielleicht hätten wir nie die Schönheit gesehen, die hier auf uns wartet, oder die womöglich noch vor uns liegt. Wir können nicht wissen, was die nächste Biegung, die nächste Gabelung für uns bereithält. Das ist okay. Wir werden bereit sein, wenn wir dort ankommen. Welche Veränderung auch immer uns erwartet, wir werden zum genau richtigen Augenblick dort sein. Es ist nicht nötig, zu kämpfen, sich zu winden und um sich zu schlagen.


Ich kann nicht zusammenfassen, woran genau ich letztendlich glaube. Würde man mich nach Details fragen, nach dem Ursprung dieses "Wegs", auf dem wir uns angeblich befinden sollen und noch viel wichtiger vielleicht, was das Ziel sein soll, dann könnte ich nur mit den Schultern zucken. Es ist mir nicht wichtig, weil sich für mich der Sinn dieser Überzeugungen und Vorstellungen nicht daraus erschließt, mit welchen Details sie ausgestattet sind. Es geht mir vielmehr um die Illusion, dass mein Leben einen Sinn hat. Ich sage Illusion, weil ich nicht unbedingt davon überzeugt bin, dass es einen übergeordneten Sinn im Leben gibt. Vielleicht gibt es keinen. Aber ich möchte das Gefühl haben, es hätte einen, einfach weil sich das besser anfühlt. Und diesen bekommt es unter Anderem dadurch, dass ich in eine bestimmte Richtung steuere, also nicht auf der Stelle gehe. Deshalb der Weg und deshalb der inhärent richtige Weg.

 
 
 

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